Janine’s Tipps für Projektmanagerinnen:
Kurzprofil von Janine:
Ich bin mit meinem Unternehmen „tychsen-kommunikation“ im Bereich Kommunikationsbegleitung und –beratung sowie als (Neuro-)systemischer Coach für Frauen im mittleren und oberen Management unterwegs. Mein Ziel ist es, Frauen dabei zu unterstützen, erfolgreich und authentisch in ihrer Führungsposition zu sein und zwar mit den natürlichen Kommunikationspotenzialen, die sie in sich tragen. Jeder Mensch hat ein gewisses Potenzial an Kommunikationsfähigkeiten, aber leider haben wir verlernt, diese anzuwenden.
Mehr zu Janine gibt es hier.
Liebe Janine, warum haben wir verlernt, unser Kommunikationspotenzial richtig zu nutzen?
Ein Großteil von uns arbeitet in systemischen Strukturen und Organisationen, bei denen wir gewissen Rahmenbedingungen und Grenzen ausgesetzt sind. Und wir arbeiten in Systemen, wo uns andere Menschen vorgeben, was zu tun ist. Dies ist an sich völlig normal und für viele auch gut. Aber leider passen wir uns einfach zu sehr diesen Rahmenbedingungen an. Dadurch verlernen wir, wir selbst zu sein und durch unsere kommunikativen Fähigkeiten gewisse Prozesse in Organisationen zu lenken. Sicherlich kann man das nicht pauschalisieren, aber aus meiner Beobachtung und Berufserfahrung heraus sehe ich, dass gerade Frauen sich diesen Grenzen hingeben. Wir glauben: „Je höher wir kommen, desto angepasster müssen wir sein, um respektiert zu werden.“
Die Antithese ist also, dass Selbständige mehr entlang der eigenen Persönlichkeit kommunizieren?
Davon bin ich überzeugt. Wie du weißt, bin ich selber in einer Parallelwelt unterwegs. Ich bin selbstständig tätig mit „tychsen kommunikation“ und gleichzeitig auch noch angestellt. Meine Selbstständigkeit habe ich parallel zum Angestelltenjob aufgebaut und deswegen kann ich die Frage mit einem klaren „Ja“ beantworten. Dort wo ich angestellt bin, merke ich, dass ich mich den gegebenen Rahmenbedingungen selbst unterordne, was bis zu einem gewissen Grad auch in Ordnung ist. Und wenn ich dann mal unbequem und kritisch bin – und das bin ich gerne und meine Kollegen kennen mich auch dafür – dann fühle ich mich sofort in meine Grenzen zurückgewiesen. Das ist ein deutliches Zeichen für Konformität, denn wir alle - mich inbegriffen – werden da reingequetscht. Deswegen verlernen wir es, uns so zu bewegen, dass wir selbst erfolgreich sind und wir selbst auch etwas davon haben, dort zu arbeiten. Es geht nicht nur darum, dem Unternehmen zu dienen, sondern auch um Selbstverwirklichung. Wir verbringen sehr viel Zeit unseres Lebens im Beruf, sodass es sehr wichtig ist, uns SELBST zu artikulieren und mal den eigenen Weg in der Organisation einzuschlagen.
Als Selbstständige mache ich genau die umgekehrte Erfahrung. Ich kann so sein wie ich bin und äußern was ich möchte. Und wem es nicht gefällt, dem gefällt es eben nicht. Am Anfang war dies eine große Umstellung. Es war ungewohnt, etwas zu machen, was nicht von Strukturen oder anderen Menschen vorgegeben war und was nicht „von oben“ abgesegnet werden musste. Ich konnte selbst gestalten. Es gab niemanden, der gesagt hat: „Da müssen wir aber noch mal gucken“ oder „Wir müssen unbedingt noch Müller, Meier, Schulze einbinden“. Diese Erfahrung ist sehr befreiend und bestätigt mich in meiner Arbeit und Überzeugung, dass kommunikatives Potenzial in jedem steckt und in jedem gefördert werden kann.
Als Selbstständige bist du auch deine eigene Projektmanagerin. Welche Rolle spielt Projektmanagement in deiner täglichen Arbeit?
Mein ganzes Unternehmertum, die Selbstständigkeit und ich selber – das alles ist ein riesiges Projekt, welches ich managen muss. Ich muss dafür sorgen, dass alles läuft und vor allem, dass ich gesund bleibe. Das bedeutet, dass meine Klientinnen, meine Führungsfrauen wie ich sie gern nenne, mit Informationen versorgt sind und ich ihren Fortschritt begleite und nachhalte. Zusätzlich müssen der Außenauftritt und das Marketing stehen. Das Besondere ist, dass ich sowohl die Managerin als auch das ausführende Projektmitglied hierbei bin.
Ich muss neben der koordinativen Tätigkeit Texte schreiben, Finanzen organisieren, Social Media umsetzen, Konzepte für das Webinar und weitere Ideen schreiben. Ich habe einen Wahnsinnsrespekt vor diesem Thema und weiß, wie fatal es sein kann, wenn Projekte nicht gut aufgesetzt sind und gegen die Wand fahren. Es ist noch mal ein Job neben dem Job – also eine Extrarolle, die jede von uns mehr oder weniger ausführen muss. Aber so hart es auch ist – es befriedigt mich, da ich alles in der Hand habe und schnell auf Misserfolge und Erfolge reagieren kann.
Projektmanagement stellt das Dach für alle meine Aktivitäten dar und ich mache es sehr gerne, weil es mir Struktur für den Tagesablauf gibt. Und dabei spielt auch Kommunikation – vor allem zu mir selbst – eine große Rolle. Projektmanagement ist ja auch ein Commitment. Erstmal muss ich alle Aufgaben und Zeitpläne mit mir vereinbaren, bevor ich diese umsetzen kann. Das ist alles andere als trivial.
Welche Rolle spielt Kommunikation und Kommunikationscoaching in deiner täglichen Arbeit?
Bei mir dreht sich privat und beruflich alles um Kommunikation. Kommunikation ist die Schmiere für alles. Dabei ist Kommunikation alles andere als selbstverständlich. Aber jeder behauptet von sich, kommunizieren zu können – „es ist ja nicht so wichtig“. Ist halt ein „Soft Skill“. Es nervt mich extrem, dass es so gesehen wird. Denn Kommunikation ist das A und O eines jeden Geschäfts und Prozesses – ohne geht es einfach nicht.
Klar, kann jeder kommunizieren. Aber die Frage ist wie. Wir sehen immer wieder, dass es entscheidend ist, WIE kommuniziert wird. Ob auf der politischen Ebene zwischen Krieg und Frieden oder im Alltag – im beruflichen Kontext oder bei der zwischenmenschlichen Kommunikation eines jeden Paares. Mit meinem Kommunikationscoaching möchte ich genau in diese Fähigkeit reingehen, die Frauen dafür sensibilisieren und ihnen zeigen, dass es ok und wichtig ist, bei sich selbst zu bleiben und entsprechend zu kommunizieren.
Was ist erfolgreiche (Projekt-) Kommunikation?
Erfolgreich definieren wir alle anders. Wir sehen ja die Welt mit unterschiedlichen Augen.
Was für den einen erfolgreich ist, ist es für den anderen nicht. Für mich persönlich bedeutet erfolgreiche Kommunikation: ich habe mir Ziele und Rahmenbedingungen gesetzt und diese erreiche ich durch meine Projektkommunikation. Gleichzeitig nehme ich alle Projektbeteiligten durch Kommunikation mit und stimme alle auf das Ziel ein. Dazu gehört auch, dass ich motiviere sowie offen und ehrlich kommuniziere und dasselbe auch von meinen Teammitgliedern verlange. Außerdem muss ich als Projektmanagerin offen über Chancen und Risiken dieses Projektes reden. Am Ende sollten alle mit Stolz sagen können: „Super, das Projekt ist jetzt abgeschlossen und wir alle waren daran beteiligt.“
Was ist besonders an der Kommunikation von Frauen?
Das ist eine sehr schwierige Frage, weil die Gefahr besteht, dass wir hier Klischees bedienen. Frauen kommunizieren anders als Männer – nicht per se besser. Frauen treten anders auf. Ich arbeite sehr viel und sehr gerne mit Frauen, weil diese sehr vielfältig und bunt sind – sowohl in ihrer Art als auch im Erscheinungsbild. Wir haben andere Kommunikationsfähigkeiten als Männer und sind „soft-skilliger“ unterwegs. Wir gehen anders auf Menschen ein und hören Menschen anders zu. Das bedeutet, dass Frauen sehr stark im Moment und dadurch nahe am Gesprächspartner sein können. Frauen können sich anders zurücknehmen und überlassen dem Gegenüber öfter den Raum. Dadurch geben sie auch ganz andere Ratschläge. Männer können sehr viel pragmatischer sein, sie hören auch zu, aber oftmals sehen sie den Gesprächsgegenstand durch eine andere Brille.
Was fällt Frauen in der Kommunikation schwer?
Frauen tun sich besonders schwer, wenn es um Verhandlungen, Einforderungen und die eigene Positionierung geht. Frauen nehmen sich leider sehr oft zurück und tun sich oft schwer damit, konkrete Ansagen zu machen, zu sagen: „So nicht, das ist jetzt mein Platz.“ Als Projektmanagerin muss man zuweilen auch etwas tougher auftreten, es bringt ja nichts zu sagen: „Oh, du hast die Deadline wieder nicht eingehalten, das ist ja schade. Schau’ doch mal, ob du es nächste Woche hinkriegst.“ Da muss eben jemand sitzen – egal ob Mann oder Frau übrigens – der sagt: „ So nicht. Wir haben vor vier Wochen zusammen gesessen, wieso hast du die Deadline gerissen und warum hast du mich nicht vorher informiert?“
Wie sollte man in so einer Situation reagieren?
(siehe auch Empfehlung von Kristina im
Portrait)
Ich würde sagen, dass dieses Verhalten nicht in Ordnung ist und die Botschaft durch mein ganzes Auftreten (Stimme, Körpersprache, Gestik und Mimik) bestärken. Es ist nicht akzeptabel, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Außerdem würde ich fragen, warum das Projektmitglied mich in der Zwischenzeit nicht informiert hat. Seit der Vereinbarung der Deadline und der tatsächlichen Deadline sind sicherlich einige Wochen ins Land gestrichen. Anschließend muss eine neue – deutlich kürzere – Deadline vereinbart werden. Wenn diese dann auch nicht eingehalten wird, dann würde ich durchsetzen, dass die Person nicht mehr in einem Projekt von mir arbeitet.
Parallel würde ich in einem Vier-Augen-Gespräch die Bedeutung des Projektes für die Organisation herausstellen. Dabei sollte man hinterfragen, ob die Person gemäß der eigenen Stärken im Projekt eingesetzt ist. Vielleicht liegt das Problem auch auf Seiten der Projektmanagerin und diese muss noch mal reflektieren, ob das Projektteam richtig zusammengestellt ist. An dieser Stelle müssen wir auch einen Schwenk zum Projektanfang machen. Ganz am Anfang sollte man mit allen Projektbeteiligten zusammen sitzen und ein gemeinsames Verständnis für das Projekt entwickeln (Stichwort: Projekt Kick-off). Dabei müssen folgende Fragen beantwortet werden:
Welche Tipps und Tricks kannst du Frauen auf den Weg geben, damit sie ihre Kommunikation verbessern?
Tricks sind gefährlich. Gerade wenn man wie ich aus der neuropsychologischen Schule kommt: Ich weiß, wie einfach es sein kann, Menschen durch so genannte Tricks zu manipulieren. Daher bin ich bei meinen Coachings extrem vorsichtig, weil ich gegenüber meiner Klientinnen eine große Verantwortung habe. Eine Übung, die für alle Frauen gleichermaßen erfolgreich ist, habe ich nicht parat, weil wir dafür zu unterschiedlich sind. Wichtig ist, dass sich jeder Mensch in der besagten Situation wohl fühlt.
Eines kann ich empfehlen, quasi die Kommunikation mit dir selbst. Wenn du dich in eine Situation begeben musst, die für dich selbst schwierig ist und vor der du Angst hast, probiere doch mal Folgendes aus:
Rufe dir eine ähnliche Situation ins Gedächtnis, die du bereits irgendwann einmal erfolgreich gemeistert hast. Dabei geht es darum, dass du eine positive Grundhaltung einnimmst und dir selbst die Angst vor der neuen Situation nimmst, indem du noch einmal an all die Herausforderungen von damals und den anschließenden Erfolg denkst. Du bestärkst dich damit mental nach dem Motto: „Damals war es zwar auch echt schwierig, aber ich habe es gepackt!“. Wichtig ist, dass du das positive Gefühl – das Gefühl der Vergangenheit, als du etwas geschafft hast – in dir wieder aufleben lässt. Das strahlt Stärke aus.
Eine andere Situation, die ich vielfach während meiner Coachings erlebe ist, dass Frauen sich oft sehr unwohl fühlen, wenn sie auf die Bühne müssen, um dort beispielsweise Vorträge zu halten. Da hilft es immer wieder – und dieser Trick funktioniert ganz hervorragend – zu sich zu sagen, dass alle Zuhörer schon allein die Tatsache respektieren, dass ich auf der Bühne stehe und sie das nicht machen müssen. Damit ist schon viel gewonnen. Ich selbst habe natürlich auch noch Lampenfieber, aber mein Trick ist einfach und zugleich effektiv. Um sich sicher zu fühlen, ist eine gute Vorbereitung das A und O. Ich bereite mich sehr gut vor und spreche den Vortrag drei bis viermal vorher durch, wenn es die Zeit erlaubt. Und wenn ich auf die Bühne gehe, habe ich das Mantra: „Gehen, Stehen, Sehen.“ Das bedeutet, dass ich langsam auf die Bühne gehe, mich dort bewusst hinstelle und dann das Publikum einige Augenblicke anschaue, lächle und ruhig zwei bis dreimal tief durchatme. Mir selber kommen diese wenigen Augenblicke vor wie eine Ewigkeit, aber für die anderen sind es natürlich nur kurze Momente. Mir ist es wichtig, eine positive mentale Verbindung zwischen dem Publikum und mir herzustellen. Und wenn das passiert, fühle ich mich wohl und angenommen.
Was möchtest du uns noch zum Abschluss auf den Weg geben?
So einfach es klingt: Das Wichtigste ist, dass du dich mit dir und deiner Arbeit wohl fühlst. So hast du eine ganz andere Ausstrahlung. Be yourself! Lerne dich selbst und deine Kommunikationspotenziale kennen und verstehe, wie du diese für dich in deinem Beruf nutzen kannst, um erfolgreich zu sein. Sei’ kein Diener des Unternehmens, sondern suche einen Beruf, in dem du dich verwirklichen kannst. Das Unternehmen gibt dir einen Rahmen, um die eigenen persönlichen Ziele zu verwirklichen. Es wäre übrigens klug, wenn Unternehmen auch danach einstellen würden, was die persönlichen Lebensziele sind. Denn dann könnten sich Mitarbeiter aus meiner Sicht einfach viel besser entfalten und Firmen wären noch erfolgreicher.
Bei dem Frauen-Empowerment, für das ich mich einsetze und wofür ich stehe, geht es mir übrigens nicht darum, weniger Männer und dafür mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Es geht nicht um „Geschlechter-Bashing“. Ganz im Gegenteil. Es geht mir um das Zulassen und die Akzeptanz von Diversität, um Ausgewogenheit von Kompetenzen, Fähig- und Fertigkeiten. Denn nur in gemischten Führungsetagen können wir voneinander lernen und Dinge vorantreiben.